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50 Jahre Radikalenerlass: DIE LINKE. Baden-Württemberg fordert Entschuldigung und Entschädigung

LandespolitikPressemitteilung

Am 28. Januar 1972 verabschiedeten die Ministerpräsidenten der Länder und der SPD Kanzler Willy Brandt den sogenannten „Radikalenerlass“, der die Grundlage für 11.000 Berufsverbotsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland bildete. In deren Folge wurden 1.256 Bewerbungen in den Öffentlichen Dienst abgelehnt und 265 Personen entlassen. DIE LINKE. Baden-Württemberg fordert die Rehabilitierung der von den Berufsverboten betroffenen Personen.

Elwis Capece, Sprecher der LINKEN. Baden-Württemberg, sagt dazu: „50 Jahre nach dem Radikalenerlass ist eine Entschuldigung bei den Betroffenen mehr als überfällig. Gerade hier im Südwesten zerstörte der Radikalenerlass Existenzen und entwertete Ausbildungswege. Obwohl Ministerpräsident Winfried Kretschmann selbst von einem Berufsverbotsverfahren betroffen war, bewegt sich die Landesregierung nur sehr langsam. Der Jahrestag muss nicht nur Anlass für wissenschaftliche Aufarbeitung sein, sondern auch für eine Entschädigung des durch den deutschen Staat verursachten Unrechts. Die psychischen und finanziellen Folgen des Radikalenerlass halten bis heute an. Die Betroffenen haben daher nicht nur eine Entschuldigung, sondern auch Entschädigungen verdient.“

Winfried Kretschmann schließt eine Entschuldigung bei den Betroffen nicht mehr aus, spricht sich in der ARD Dokumentation "Jagd auf Verfassungsfeinde - Der Radikalenerlass und seine Opfer“ (ARD, 17.01.22) allerdings gegen eine kollektive Entschuldigung aus. „Die Äußerung von Winfried Kretschmann darf nicht zur Ausrede werde, sich als Landesregierung erneut der Verantwortung zu entziehen. Der Radikalenerlass hat Bewerber:innen für den Öffentlichen Dienst pauschal verdächtigt und damit ein Klima der Angst erzeugt, auch dafür muss die Landesregierung Verantwortung übernehmen,“ so Elwis Capece.

Alexander Hummel, Mitglied im Landesvorstand der LINKEN. Baden-Württemberg, ergänzt mit Blick auf die große Zahl der durch den Radikalenerlass getätigten Regelanfragen beim Verfassungsschutz: „Im Zuge des Radikalenerlass wurden 3,5 Millionen Regelanfragen beim Verfassungsschutz gestellt. Von den eingeleiteten Verbotsverfahren waren fast ausschließlich Menschen aus dem linken Spektrum betroffen. Zum Teil reichte es aus, sich mit Opfern von Berufsverboten zu solidarisieren. Mit dem Radikalenerlass begann eine der intensivsten Verfolgungswellen gegen Linke in der Geschichte der Bundesrepublik. Die beamtenrechtliche Grundlage für den Radikalenerlass besteht bis heute, nur die Regelanfragen und damit die pauschale Überprüfung durch den Verfassungsschutz ist ausgesetzt. Vergangenheit sind die Berufsverbote also nicht. Für den Justizdienst hat Bayern die Regelanfrage bereits 2016 wiedereingeführt. Rechte Chatgruppen und Netzwerke in der Polizei haben bundesweit eine neue Diskussion über Sicherheitsüberprüfungen von Bewerber:innen im Öffentlichen Dienst angestoßen. Als LINKE sehen wir darin nicht den richtigen Weg zur Bekämpfung rechtsextremer Strukturen.“

DIE LINKE. Baden-Württemberg wird der Frage nach der Aktualität des Radikalenerlass in der Online-Veranstaltung „50 Jahre Radikalenerlass – nur ein historisches Unrecht?“ am 28. Januar um 19 Uhr nachgehen. Es diskutieren Klaus Lipps, Michael Csaszkóczy, beide haben erfolgreich gegen das Berufsverbot geklagt, und Tina Lipps, aktiv in der Initiative gegen Berufsverbote, mit Alexander Hummel und Elwis Capece. Die Veranstaltung wird live auf dem Youtube Account der LINKEN. Baden-Württemberg gestreamt. Direkter Link zur Veranstaltung: https://www.youtube.com/watch?v=buX8cITHDXg