Presse

Vor der eigenen Türe kehren

Viele Menschen in Baden-Württemberg genießen noch ihre Ferien im In- oder Ausland. Trotzdem verfolgen viele sicherlich die aktuellen Weltereignisse wie die Olympischen Spiele in Peking oder die schockierenden kriegerischen Handlungen im Kaukasus.

In der Berichterstattung werden Menschenrechte und das Völkerrecht beschworen. Nach der Olympischen Idee sollte ein Waffenstillstand Raum für einen Friedensprozess geben. Zwei Medaillengewinnerinnen aus Georgien und Russland haben durch ihre Umarmung bei der Siegerehrung ein Zeichen der Verständigung gesetzt. Eine schöne Geste!

Damit Konflikte nicht in Kriege eskalieren, müssen Menschenrechte und Völkerrecht überall konsequent eingehalten und eingefordert werden. Ob in China, Russland, USA, Europa, Afrika, Irak, Iran, Afghanistan oder im Nahen Osten. Unsere westlichen Medien und Politik schauen gerne nur in eine ihnen genehme Richtung – wie umgekehrt andere Medien auch – und kehren nicht vor der „eigenen Haustüre“. So kommt es zu der paradoxen Äußerung des US-Präsidenten George Bush, die unkommentiert verbreitet wird, dass im 21. Jahrhundert Konflikte nicht mit Krieg zu lösen seien.

Wer völkerrechtswidrig in den Irak einmarschiert, in Afghanistan Krieg führt und in Guantanamo menschenrechtswidrig Gefangenenlager aufrechterhält, ist kein glaubwürdiger Mahner für Völkerrecht und Frieden. Die anderen westlichen Staaten sind durch diese Doppelstandards deshalb genauso unglaubwürdig und wirkungslos gegenüber der zu Recht kritisierten Menschenrechtspolitik Chinas und Russlands.

Es war für den Westen opportun, den Kosovo ohne völkerrechtliche Grundlage anzuerkennen, in Kauf nehmend, dass separatistische Bestrebungen im Kaukasus daraufhin eskalieren könnten. Selbstbestimmungsrecht und Friedenspflicht sind zwei Seiten einer Medaille, die durch eine Politik der Verständigung in Einklang zu bringen sind.

„Vor der eigenen Haustüre kehren“ ist auch das Motto für die Großkundgebungen am 20. September 2008 in Stuttgart und Berlin, die „Truppen raus aus Afghanistan“ fordern anlässlich neuer Mandatsverlängerungen im Herbst. Deshalb: auf nach Stuttgart und Berlin, für eine Entwicklungs- und Friedenspolitik in Afghanistan, die den Menschen vor Ort wirklich dient.

Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der Linken