3. Ohne Frauen ist kein Staat zu machen

DIE LINKE steht für eine engagierte Frauenpolitik auch in Baden-Württemberg. Wir streben eine demokratische  Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung an und bekämpfen die patriarchale Kultur, in der die Leistung und  Arbeit von Frauen ausgebeutet und gering geschätzt wird. Die Gleichberechtigung von Frauen zu verwirklichen, ist  vorrangiges Ziel unserer Politik.

Eine jahrzehntelange rechtskonservative Politik in Baden-Württemberg hat dazu geführt, dass Baden-Würt­temberg in Fragen der Gleichberechtigung von Frauen den Anschluss weitgehend verloren hat. Die Landesregierung  propagiert immer noch die Hausfrauen- und Versorger-Ehe, in der sich Frauen „freiwillig“ die Haus- und Erziehungs­arbeit aufbürden und eine quali?zierte und existenzsichernde Erwerbsarbeit als zweitrangig ansehen sollen. Fehlende Kinderbetreuungsmöglichkeiten auf der einen und schlecht bezahlte Teilzeitjobs auf der anderen Seite zwingen Frauen in Baden-Württemberg dazu, anspruchsvolle Berufspläne und finanzielle Eigenständigkeit bei einem Kinderwunsch  hintenan zu stellen.

Die Situation von Alleinerziehenden in Baden-Württemberg – heute etwa jede sechste Familie, Tendenz steigend – ist schlecht: Ihr Armutsrisiko ist besonders hoch, sie sind stark überlastet und haben einen weit geringeren Lebens­standard als die durchschnittliche Bevölkerung. Fast 90 Prozent der Alleinerziehenden sind weiblich. Die baden-württembergische Sozialministerin Monika Stolz hat im Bundesrat beantragt, den staatlichen Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende, die mit einem neuen Partner zusammenleben, zu streichen. Das trifft gerade Alleinerziehende mit kleinem Einkommen. DIE LINKE fordert mit Nachdruck, dass der Unterhaltsvorschuss bei Bedarf bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gezahlt wird (bisher 72 Monate und höchstens bis zum 12. Lebensjahr).

Die Leistung und Arbeit von Frauen bei der Erziehung und Sorge wird auch in den Pflege- und Erziehungsberufen ausgenutzt, was sich an den niedrigen Löhnen in diesen Bereichen zeigt. Eine ernsthafte Förderung von Frauen ist von der baden-württembergischen Landesregierung politisch nicht gewollt, ganz gleich ob es um beru?iche Motivierung von jungen Frauen in naturwissenschaftlich-technische Berufe oder in Führungspositionen geht oder um Unterstützung von Familien, die sich die Elternarbeit wirklich partnerschaftlich teilen wollen.

Ergebnis dieser Politik ist unter anderem, dass Frauen im Industrieland Baden-Württemberg besonders von  Altersarmut bedroht sind. Mit 520 Euro beziehen sie nur halb so viel monatliche Rente wie Männer (1055,39 Euro)  und weniger als Frauen im Bundesdurchschnitt. Migrantinnen als Angehörige einer doppelt benachteiligten Gruppe ?nden immer schlechter eine existenzsichernde Arbeit.

Seit Jahrzehnten kämpfen Frauen in verschiedenen Organisationen auch in Baden-Württemberg für politische  Veränderungen, für Frauenhäuser und Notrufe sowie für Selbsthilfe- und Beratungseinrichtungen. Feministische Konzepte und Aktivitäten liefern wesentliche Impulse für die Friedens- und Ökologiepolitik. Diese in der Frauenbewegung der siebziger Jahre entstandenen Gruppen, Projekte und Einrichtungen arbeiten in Baden-Württemberg schlecht oder gar nicht bezahlt und stehen auf den Kürzungslisten zumeist ganz oben.

Ziel feministischer Politik der LINKEN ist, ein anderes Verständnis für alle gesellschaftlich wichtigen Aufgaben, Arbeiten und Bereiche zu entwickeln und damit einem veränderten, partnerschaftlichen Verhältnis der Geschlechter  näher zu kommen. Auch in Baden-Württemberg setzen wir neue Maßstäbe in der Politik, indem wir uns nicht an frauenfeindlichen Familienmodellen orientieren, sondern verschiedene Lebensformen von Generationen, Wahlverwandtschaften oder Einzelnen – mit oder ohne Kinder – fördern und absiche

Das steht Frauen zu:

  • Alleinerziehende haben Anspruch auf ein sicheres Einkommen und eine planbare Zukunft für sich und ihre Kinder;
  • alterssichere Rente für alle Frauen;
  • Frauen brauchen sichere und existenzsichernde Arbeitsplätze – das gilt für die Hartz-IV-Bezieherin ebenso wie für Frauen mit Migrationshintergund, für Frauen in der Erziehung, im Einzelhandel, in der Pflege, in der Gastronomie und in Putzdiensten.
  • Recht auf eine freie Wahl der Berufsausbildung – unabhängig von Herkunft und Religion;
  • Sicherheit vor Gewalt und sexistischen Übergriffen;
  • gleicher Lohn für gleiche Arbeit; sozialversicherungspflichtige, unbefristete und gut bezahlte Beschäftigung für alle und Abschaffung von Lohndiskriminierung;
  • die flächendeckende Einrichtung, den Erhalt und Ausbau von Gleichstellungs- und Beratungsstellen;
  • Förderung von Projekten für eine Veränderung des geschlechtsspezi?schen Berufswahlverhaltens von Frauen und Männern sowie zur Motivation für die partnerschaftliche Übernahme von Verantwortung in Beruf und Familie;
  • verbindliche Vorgaben zur Durchsetzung von Gleichstellungsprogrammen;
  • die Förderung und Absicherung von bestehenden und neuen feministischen Projekten von der Mädchen-Webseite über Genderforschung bis zur Seniorinnen-WG;
  • Einrichtung von Landesprogrammen zur beru?ichen Förderung speziell von Frauen, die auf dem Arbeitsmarkt Nachteile erfahren, zum Beispiel Frauen mit Migrationshintergrund, Frauen nach der Familienphase oder Frauen mit Behinderungen.

Gewalt gegen Frauen konsequent bekämpfen

Frauen sind im öffentlichen und privaten Raum vielfältigen Formen von physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt. Das reicht von Vergewaltigungen über Zwangsehen und Misshandlungen im sozialen Nahraum bis hin zu Belästigungen am Arbeitsplatz oder zu sexuellen Übergriffen in Einrichtungen wie Heimen oder Krankenhäusern. Sexuelle Gewalt ist patriarchale Gewalt. Um Mädchen, Jungen und Erwachsene vor ihr zu schützen, hilft keine  Sicherheitsverwahrung für die Täter, sondern nur eine ernsthafte gesamtgesellschaftliche Auseinandersetzung mit  Gewalt, mit männlicher Gewaltbereitschaft als Teil des traditionellen Rollenverständnisses und mit sexualisierter Gewalt als Form der Machtausübung.

DIE LINKE Baden-Württemberg fordert:

  • Gesicherte Finanzierung von Frauenhäusern und unbürokratische, ortsungebundene und zuzahlungsfreie  Aufnahme von Frauen und Kindern in Not; Aufstockung der Mittel für Einrichtungen gegen Gewalt gegen Frauen; bessere Hilfen und Bleiberecht für Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund, die Gewalt erfahren haben;
  • Stärkung der Opferrechte (zum Beispiel durch die Absicherung der ausländer- und sozialrechtlichen Stellung der Betroffenen) sowie die Gewährleistung von Opferschutz;
  • mehr Schutz für Frauen, die von Gewalt bedroht sind, und konsequente Strafverfolgung von Menschenhandel und Zwangsprostitution;
  • die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen und Frauen in besonderen Abhängigkeitsverhältnissen;
  • ein umfassendes Konzept zur Gewaltprävention durch Information, Aufklärung und Forschung auf allen Ebenen.

Wir brauchen mehr demokratische Willensbildung und Demokratie in Baden-Württemberg. Dazu gehört, dass Frauen in allen Entscheidungsgremien von Politik, Wirtschaft und Verwaltung gleichberechtigt und kompetent vertreten sein müssen.

DIE LINKE in Baden-Württemberg fordert:

  • eine Quote von 50 Prozent Frauen vor allem in Entscheidungspositionen im Zuständigkeitsbereich des Lan­des;
  • flächendeckende Einstellung von hauptamtlichen Frauenbeauftragten, Erhöhung ihrer Kompetenzen und Ver­abschiedung eines landesweiten Aufgabenprofils;
  • Novellierung des Gleichstellungsgesetzes sowie des Vergabegesetzes zur Absicherung der Frauenförderung;
  • mehr Geld für autonome Frauen- und Lesbenprojekte;
  • Bei allen frauenpolitischen Forderungen ist die besondere Situation von Frauen mit Behinderungen einzubezie­hen. Die volle Inklusion von Mädchen und Frauen mit Behinderungen in alle Daseinsbereiche ist ein zentrales  Anliegen der Partei DIE LINKE. Wir setzen uns für umfassende Barrierefreiheit im öffentlichen Raum ein.

Eine feministische Perspektive für alle Menschen

DIE LINKE Baden-Württemberg verfolgt eine langfristige Politik der schrittweisen Veränderung der Gesellschaft hin zu einem solidarischen und herrschaftsfreien Zusammenleben. Auch auf Landesebene leiten uns folgende Ideen:

  • Ein neues Verständnis von Arbeit mit radikaler Arbeitsumverteilung;
  • die Entwicklung demokratischer Politik von allen für alle;
  • Bildung und Zeit für persönliche Entwicklung für jeden Menschen;
  • die liebevolle, verantwortliche und gemeinschaftliche Ausgestaltung der Aufgaben und Arbeiten, die für das Leben der Generationen und für menschliches Zusammenleben wichtig sind.