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BuKo der Linksjugend: „Genration Krise“ schlägt zurück

Bericht vom 3. Bundeskongress der Linksjugend ['solid] in Frankfurt/Main, von Daniel Behrens (Delegierter der Linksjugend zum 3. BuKo)

Die Dämmerung hatte sich schon über die stählerne Skyline Bankfurts gelegt, als die jungen Delegierten in der Hauptstadt des deutschen Kapitals ankamen. Vom Mainufer aus sollten in den nächsten drei Tagen über Perspektiven und Aufgaben des Jugendverbands diskutiert werden.

Letztes Wochenende fand im Haus der Jugend in Frankfurt am Main der 3. Bundeskongress der Linksjugend ['solid] statt. Über 250 TeilnehmerInnen, davon 204 Delegierte aus 16 Bundesländern nahmen daran teil. Der Bundeskongress ist neben dem Länderrat das höchste Gremium des Jugendverbands. Neben der Wahl eines neuen BundessprecherInnenrates, einer neuen Schiedskommission, sowie eines neuen Schatzmeisters und VertreterInnen im Bundesausschuss der Partei, wählten die Delegierten 20 VertreterInnen für den Bundesparteitag der Partei DIE LINKE, der im Mai diesen Jahres in Rostock stattfinden und ein neues Grundsatzprogramm beschießen wird. Zudem wurde Ben Brusniak aus dem Landesverband Baden-Württemberg als Vertreter der Linksjugend zum jugendpolitischen Sprecher im Parteivorstand der LINKEN gewählt.

Die Linksjugend konnte im vergangenen Jahr einen enormen Mitgliederzuwachs verzeichnen, so entstanden besonders im Westen der Republik zahlreiche neue Basisgruppen. Neben der weltretten-Kampagne und einem Klimacamp, wo sich die jungen GenossInnen eine ganze Woche lang mit ökologischen Fragen auseinandersetzten, waren die Mobilisierung nach Kopenhagen und zu den Anti-NATO-Protesten nach Straßburg, sowie die hervorgehobene Rolle des Jugendverbands bei der Planung und Veranstaltung zu den antifaschistischen Demonstrationen in Dresden wichtige Stationen der vergangenen 12 Monate. Für zahlreiche Mitglieder der Linksjugend war zudem der Bildungsstreik zentrales Moment ihrer politischen Aktivität, wo sie mit unter als führende Akteure auftraten.

Der erste Sitzungstag wurde eröffnet mit zahlreichen Referaten zu Initiativen, Camps und aktuellen Mobilisierungen und einer Podiumsdiskussion zwischen Marco Heinig (Linksjugend), Caren Lay (MdB/DIE LINKE) und Werner Dreibus (MdB/DIE LINKE). Diskutiert wurde das Themenfeld Krise, Kapitalismus und Perspektiven für eine linke Politik.

Das erste Grußwort an das Plenum richtete Oskar Stolz vom Studierendenverband DIELINKE.SDS. Er erinnerte an die Erfahrungen die man bis jetzt Bildungsstreik gesammelt hatte und forderte eine intensivere Zusammenarbeit der zwei Verbände. Ein weiteres Grußwort gab es von einem Vertreter der italienischen Jungkommunisten, der der Linksjugend eine Vorbildfunktion für europäische Jugendbewegungen bescheinigte und die versammelten GenossInnen ermutigte im Kampf für eine bessere Bildung auch auf europäischer Ebene zusammenzustehen. Zudem wurde eine Grußadresse vom linken Jugendverband aus dem krisengeschüttelten Griechenland vorgelesen.

Der vom BundessprecherInnenrat vorgelegte Hauptantrag wurde mit über 80 Änderungsanträgen überflutet und nahm somit den meisten Platz auf dem Kongress ein. Im Kern beschäftigt sich der Text mit den Folgen und Ursachen der Krise und fordert eine sozialistische Transformation der gesellschaftlichen Verhältnisse. Darin sieht sich die Linksjugend als wichtigen Akteur. So heißt es im Hauptantrag:

"Als Jugendverband kämpfen wir für eine antikapitalistische, eine sozialistische Perspektive. Wir sagen: der Kapitalismus erleidet keine Krisen, er ist die Krise und war seit seinem Bestehen schon eine Katastrophe für Mensch und Natur. [...] Wir wollen an der Gestaltung einer besseren Welt mitwirken. Wir wollen unsere Generation politisch mobilisieren, für eine radikale, plurale junge Linke. Und das kann uns nur gelingen, wenn wir in die sozialen Kämpfe in diesem Land eingreifen und Plattform sind für Protest, Selbstorganisation und Solidarität."

Ein weiterer Schwerpunkt des Hauptantrags bildet die Klimapolitik. So möchte der Jugendverband sein ökologisches Profil schärfen und gleichzeitig "eine massenfähige antikapitalistische Klimapolitik [...] formulieren". Der "Green New Deal" sei ein Phantasma, da eine renditeorientierte Politik nicht in der Lage sei "den Klimakollaps demokratisch und gerecht zu verhindern." Die Proteste zum Klimagipfel in Kopenhagen bewertet man als Erfolg und als "Geburt einer neuen globalen Klimabewegung." Der Bundeskongress beschloss zudem einen Antrag, der die Länder der westlichen Welt auffordert, einen ökologischen Reparationsausgleich an die Länder des Südens zu zahlen.

Unter dem Stichwort "Generation Krise" beschäftigt sich der Hauptantrag mit den vor allem für junge Erwachsene verheerenden Auswirkungen der Wirtschaftskrise und neoliberaler Marktideologie. Beklagt wird die "Normalität" von hoher Arbeitslosigkeit unter der jungen Generation, unbezahlten Praktika, Studiengebühren, sowie der Mangel an Ausbildungs- und Studienplätzen. Kritisiert wird neben den vergangenen Verfehlungen der Sozialdemokratie und der grünen Partei ein "faustdickes Umverteilungsprogramm" der schwarz-gelben Regierung, welches zu Lasten von "sozial Benachteiligten und lohnabhängig Beschäftigten" gehe. So will die Linksjugend die Übermacht des Kapitals durch "massive gesellschaftliche Kämpfe" abwehren und sieht im "außerparlamentarischen Widerstand" den entscheidenden Faktor für eine "gesellschaftliche Demokratisierung."

Bis zum nächsten Bundeskongress hat man sich das Ziel gesetzt die Verbandsstrukturen zu konsolidieren. Die politische Bildungsarbeit sowie die Landesstrukturen sollen gestärkt werden. Etwas selbstkritisch heißt es im Hauptantrag:

"Die Aktivenstrukturen sind in der Regel schwach und können der gestiegenen politische Bedeutung des Verbands nicht gerecht werden. [...] Statt die Kräfte des Bundesverbands auf ein Projekt zu orientieren, haben wir zu viel Energie in der Gleichzeitigkeit von Kampagnen verloren. Ziel muss es sein, unsere Ressourcen und Kräfte gezielt einzusetzen und stärker als bislang an zeitlich abgestimmten Beschlüssen unserer Gremien zu arbeiten."

Nach dem zähen Ringen um die endgültige Fassung des Hauptantrags beschloss man noch folgende Anträge:

- Sofortige Abschaffung der Wehrpflicht und der Bundeswehr!
- Sofortige Abschaltung aller Atomkraftwerke und einen Ausstieg aus der Kohleenergie!
- Gleiche Rechte für alle - Eheprivilegien abschaffen!
- Zur Befreiung vom Nazifaschismus den 8. Mai als gesetzlichen Feiertag!
- Solidarität mit dem iranischen Widerstand!
- Kein Frieden mit den honduranischen Putschisten!

Da viele Delegierte bereits am Samstag Abend abgereist waren, wurden eine Vielzahl von Anträgen auf den Länderrat übertragen.  So auch ein Antrag des Landesverbands Hamburg, der den Appell des BundessprecherInnenrats "Raus aus der SAV" kritisierte. Zudem wurden einige Bundearbeitskreise gegründet bzw. reaktiviert: BAKannabis, BAK Tierrechte sowie der BAK Antimilitarismus und Friedenspolitik.

DIE LINKE kann einerseits froh seinen, einen derart aktiven und politisch engagierten Jugendverband hinter sich zu wissen, sollte sich aber auch stets bewusst sein, dass er ihr sehr gut auf die Finger schauen wird in den nächsten Monaten, vor allem ihm Rahmen der Programmdiskussion. So wurden am Rande des Kongresses Kritik am Personalvorschlag zur neuen Parteispitze laut, sowie an der neuen Regierungskoalition in Brandenburg. Man darf gespannt sein, auf ein weiteres und spannendes Jahr mit der Linksjugend ['solid].

Daniel Behrens