Presse

Ein Bushle für den Südwesten - Mit Mappus auf dem Weg nach rechts

Der coup d’etat, mit dem Oettinger von Merkel weggelobt und Stefan Mappus zum neuen Hoffnungsträger der CDU gemacht wird, läutet für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg einen Lagerwahlkampf ein. Die Linke Mappus Hauptgegner (Schwäb. Post, 3.9.09). Mit seinen Denkgefährten sieht er es als „Auftrag der Konservativen“, gegen die DIE LINKE „einen aggressiven konservativen Abwehrkampf“ zu führen.

Dabei will sich Mappus schwerpunktmäßig nach rechts orientieren und das Potential wieder gewinnen, das die CDU in den letzten Jahren hin zu den Republikanern, der NPD oder christlich-fundamentalistischen Kleinparteien verloren hat. Im Stil von Franz Josef Strauß sollen „heimatverbundene Patrioten“ angesprochen werden. Nachzulesen ist dies im Strategiepapier „Moderner bürgerlicher Konservatismus“. Die Jungkonservativen um Mappus und den Junge-Unions-Chef Missfelder beklagten das Fehlen einer rechten Leitfigur in der CDU. Diese Rolle soll nun offenbar Mappus spielen.

Zielgruppe Waffenlobby

In den Spuren von Bush wandelte Mappus am 10. September im badischen Forst vor der versammelten Lobby der Waffenbesitzer, wo er Beifall bekam für seine Kritik am „überhasteten Gesetzgebungsverfahren“ und sich vom Antrag des eigenen Innenministeriums distanzierte, das im Bundesrat eine Überprüfung des Großkalibersports beantragt hatte. Der Expertenkreis Amok, vom Landtag eingesetzt zur Überprüfung der Konsequenzen aus dem Massaker von Winnenden, hatte dagegen klar formuliert, dass die Faszination und Verfügbarkeit der Waffen über den Schützenverein eine „erhebliche Rolle“ für den Amoklauf gespielt haben. Mappus hat sich gegen die Empfehlungen des Expertenkreises gewandt und dem Druck der Waffenlobby gerade bei der Frage der großkalibrigen Waffen nachgegeben.

Feindbild Linke

Als Oettinger im Februar 2008 den SPD-Fraktionsvorsitzenden Schmiedel kritisierte, er mache „die Linke hoffähig und trage den Virus versuchsweise nach Baden-Württemberg“ wehrte sich Schmiedel mit der Aussage, mit dem Begriff „Viren“ sei Oettinger nahe am Sprachgebrauch der Nazis. Mappus forderte Schmiedels Rücktritt  Als Gesine Schwan, SPD-Bundespräsidentenkandidatin mit Vertretern der Linken sprach, polemisierte Mappus in Absprache etwa mit dem hessischen Fraktionschef Wagner, ein Bundespräsident dürfe sich nicht von „Kommunisten“ wählen lassen. Bei beiden Vorgängen ist klar: die Neokonservativen zielen darauf, der SPD eine künftige Mehrheitsoption zu nehmen. Um das zu erreichen, wird es auch im Land verstärkt zu Diffamierungen der Linken kommen, die aber immer auch die SPD treffen sollen. Ein Beispiel ist seine Intervention gegen die Ausstellung „Neofaschismus in der Bundesrepublik Deutschland“ in Pforzheim.

Sozialpolitik

Am Zerfall der Werte, am Anstieg der Kriminalität, an der Krise der Familie ist für Mappus die Linke schuld. Dem Ausbau der Krippenplätze steht er skeptisch gegenüber, für eine Erhöhung der Bundeszuschüsse hat er sich bei den Verhandlungen über den Koalitionsvertrag nicht eingesetzt; die wegbrechenden Einnahmen der Kommunen will er mit Landesmitteln nicht auffangen. So wird einerseits der Ausbau der Krippen- und Ganztagesplätze bei den Kitas gebremst, andererseits müssen zusätzliche Kosten auf die Eltern abgewälzt werden.

Er wendet sich gegen einen „verteilenden Sozialstaat“. Die Überschrift hierfür lautet bei Mappus „Stärkung der Eigenverantwortung in der Familienpolitik“ etwa durch höhere Freibeträge. Durch einen Freibetrag von 8.000€ kann allerdings kein Kitaplatz mit Kosten von etwa 300€ monatlich finanziert werden – abgesehen davon, dass die vielen Geringverdiener den Freibetrag nicht nutzen können.

Trotz dieser Haltung musste er sich von der FDP-Landesvorsitzenden Homburger im Februar 2008 vorwerfen lassen, er habe im Zusammenhang mit der Reform der Erbschaftssteuer „linke Klassenkampfparolen“ übernommen. Mappus wird sich, wie das Strategiepapier zeigt, wie Rüttgers in NRW weniger neoliberal als wirtschaftskonservativ profilieren: „Wo einseitig Wirtschaftsinteressen an Stelle von Gemeinwohlinteressen treten, gefährdet das Freiheit und Solidarität in der Gesellschaft.“ Bisher blieb es allerdings auch bei Rüttgers bei Worten. Zu Recht fragt der Parteienforscher Wehling, ob Mappus Profil nur ein Stück Taktik ist.

Bildungspolitik

In den Auseinandersetzungen um die Werkrealschule hat sich Mappus als Lobbyist der kleinen Hauptschulen gezeigt, der starr am dreigliedrigen Schulsystem festhält. Es ficht ihn nicht an, dass Hauptschulen häufig zu Ghettoschulen geworden sind und den Jugendlichen mit Migrationshintergrund damit Integrationsmöglichkeiten vorenthalten werden. Die Chancen dieser Jugendlichen werden schlechter – und wenn es zu gewaltsamen Übergriffen von ausländischen  Jugendlichen etwa in S-Bahnen kommt, werden – wie bei Koch in Hessen – mit Seitenblicken auf eher rechte Wählergruppen Ressentiments geschürt und ein höheres Strafmaß gefordert. Dagegen setzt er auf die „deutsche Leitkultur“ und will Zuwanderung nur noch für Spitzenkräfte“

Gegen Kritik an seiner Politik wird Mappus schärfer vorgehen; dies hat er gezeigt, als er im Juli 2008 die Absetzung des Ravensburger Schulleiters Rudolf Bosch forderte, der gerade die Selektion von Migranten durch die Bildungspolitik scharf kritisiert hatte: „Wenn der Mann noch lange im Amt ist, dann verstehe ich nicht mehr, warum man das Beamtentum noch braucht.“

Kommentar von Erhard Korn, Sprecher LAG Bildung