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Mannheimer Morgen: Linke bläst zur Attacke

Stuttgart. Der Landesvorstand der Südwest-Linken sieht keine Alternative zu Oskar Lafontaine als Bundesvorsitzenden der Partei. "Das Signal aus Baden-Württemberg ist, dass wir hinter Lafontaine stehen", sagte Vorstandssprecher Bernd Riexinger gestern in Stuttgart. Die jüngsten Turbulenzen im Bundesvorstand, die im Rückzug des ostdeutschen Geschäftsführers Dietmar Bartsch gipfelten, erklärt er für beendet. "Das wurde als Ost-West-Konflikt in die Medien getragen, was es definitiv nicht ist."
Öl ins Feuer gegossen

Riexinger hat selbst mit einem Brief an Gregor Gysi zur Eskalation beigetragen - auch wenn er versichert, dieser sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Der Funktionär aus Stuttgart hatte in dem Schreiben deftige Kritik an Bartsch geübt ("charakterlich mit einer Führungsrolle überfordert") und dessen Ablösung verlangt, was er später dementierte. Dazu will Riexinger nichts mehr sagen: "Die Sache ist für uns erledigt."

Der Südwest-Vormann der Linken ist bemüht, das Thema Richtungsstreit vor dem Landesparteitag am Wochenende nicht weiter zu befeuern: Es werde sicher einige Wortmeldungen dazu geben, sagt er, doch man wolle sich ganz auf die Landespolitik konzentrieren.

Mit Forderungen wie dem Abschalten des Atomkraftwerks GKN I in Neckarwestheim, günstigere Kredite für Unternehmen und einer konjunkturunabhängigen Gewerbesteuer für die Gemeinden sowie einer Rekommunalisierung von Energie- und Wasserversorgung wollen die Dunkelroten die CDU/FDP-Regierung in Stuttgart attackieren. "Sie gibt ein hilf-, taten- und konturloses Bild ab", tadelt Riexinger.

Nachdem sie bei der Bundestagswahl in Baden-Württemberg 7,2 Prozent bekommen hat und in keiner Region unter fünf Prozent gelandet ist, blickt die Partei optimistisch auf die Wahl 2011: "Wir wollen in den Landtag einziehen." Wer Spitzenkandidat werde, sei noch offen. Er selbst trete nicht an.

Die Opposition scheint sich allmählich darauf einzustellen, dass eine fünfte Partei an die Landtagspforte klopft. Die Grünen - deren Doppelspitze nun zur Hälfte links orientiert ist - hätten über die Weihnachtszeit auf Landesvorstandsebene Gesprächsbedarf signalisiert. Die SPD offenbar weniger: Unter dem neuen Landeschef Nils Schmid - "ein Sowohl-als-auch-Typ" - hat Riexinger keinen Kurswechsel in Richtung links ausgemacht.

Mit ihrem Zehn-Punkte-Programm, das zu einem Wahlprogramm 2011 überleiten soll, stellt sich die Partei klar auf Opposition ein. Der ostdeutsche Pragmatismus ist den Baden-Württembergern fremd. Das zeigt auch die harsche Kritik des Landesvorstands am Koalitionsvertrag in Brandenburg, für den ökologische Grundsätze aufgegeben und der Abbau von Beschäftigung im öffentlichen Dienst vorangetrieben worden sei, heißt es in einem Beschluss. Daran, dass der Nachfolger von Bundesgeschäftsführer Bartsch aus den neuen Ländern kommt, will Riexinger allerdings nicht rütteln.

Mannheimer Morgen
Von unserem Korrespondenten Joachim Rüeck
22. Januar 2010