Presse

Südwest-Abgeordnete solidarisieren sich mit Bildungsstreik

Solidaritätserklärungen der Bundestagsabgeordneten Michael Schlecht (Mannheim), Heike Hänsel (Tübingen), Karin Binder (Karlsruhe) an die streikenden SchülerInnen und Studierenden

An die Streikenden Studierenden der Universität Heidelberg 7.11.2009 - Mannheim

Liebe Studierende der Uni Heidelberg! Auf diesem Wege spreche ich euch meine Solidarität für eure Besetzung von Hörsälen in der Universität Heidelberg aus. Ich wünsche euch einen erfolgreichen Kampf, für Mitbestimmung, eine bessere Bildung und mehr Freiräume an der Uni!

Ihr solidarisiert euch mit den österreichischen Studierenden, die sich nun mehr als 2 Wochen im Streik befinden. Weitere Unis haben sich den Protesten angeschlossen. So diese Woche Münster und Potsdam, und wie ich eben erfahren habe auch die Studierenden in Darmstadt und Marburg. Ich hoffe der Protest breitet sich noch weiter aus, auch auf andere europäische Länder, denn ihr kämpft für die gleiche Sache!

Der Bologna-Prozess und die europaweite neo-liberale Politik der letzten Jahre haben ihre Spuren hinterlassen: Bildung wird zur Ware, Bildung wird modularisiert und standardisiert. So bleiben individuelle Wünsche und Erwartungen an die eigene Ausbildung oftmals auf der Strecke. Freiräume für die eigene freie Entfaltung sind kaum mehr da. Immer mehr Studierende können sich das Studium nicht leisten, sei es durch eingeführte Studiengebühren in Österreich und Deutschland, sei es durch unbezahlbare Mietpreise in den Uni-Städten Frankreichs, Italiens oder Spaniens. Aber auch die Situation nach dem Studium ist in ganz Europa die gleiche: Praktika, prekäre Beschäftigung, Arbeitslosigkeit.

Während über Nacht mal eben 500 Milliarden Euro für Banken aufgebracht wurden, werdet ihr weiterhin zur Kasse gebeten. Die Bundesregierung hat angekündigt die Bürgerinnen und Bürger im nächsten Jahr um über 24 Milliarden Euro zu entlasten. Das meiste davon werden die Länder zu tragen haben. Dieses Geld würde - in Bildung investiert - reichen, damit Deutschland die durchschnittlichen Bildungsausgaben der OECD-Länder erreicht. Dies ist Geld, das für eure Bildung fehlt. Das ist Geld, worum ihr betrogen werdet! Ihr Studierenden sollt mit einer Ausweitung der Elitenförderung abgespeist werden, die den Konkurrenzdruck verschärft und für die meisten keinerlei Verbesserung bedeutet. Dem gilt es entschieden zu entgegnen um gute Bildung für alle zu ermöglichen!

Aus meiner Arbeit als Tarifsekretär bei der IG Druck und Papier und später ver.di weiß ich wie es ist, Streiks durchzuführen und für seine Rechte und Forderungen zu kämpfen. Wie bei streikenden ArbeiterInnen, entsteht auch eure gesamte Kraft aus nur einem Wort: Solidarität! So wünsche ich euch, dass ihr noch ganz viel Solidarität erfahrt. Von anderen Studierenden, von anderen Gruppen und Verbänden, von der Politik und vor allem von euren Kommilitoninnen und Kommilitonen in Heidelberg. Geht solidarisch miteinander um, tretet für einander ein und sprecht mit einer Stimme. Nur so könnt ihr Presse, Politik und Öffentlichkeit für eure Forderungen gewinnen. Vergesst nicht, in 16 Monaten ist Landtagswahl!

Ich und DIE LINKE stehen auch weiterhin auf eurer Seite. Im Bundestag, in den Landtagen, in der Uni und auf der Straße! Mit aller Kraft werden wir für gute Bildung, mehr Mitbestimmung und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen kämpfen!

Mit solidarischen Grüßen aus Mannheim

Michael Schlecht, MdB
Fraktion DIE LINKE im Bundestag


Solidarität mit Kupferbau-Besetzung und Bildungsstreik! 12.11.2009 - Tübingen

Liebe Studierende, ich unterstütze Eure Proteste gegen die verfehlte Bildungspolitik! Die aktuelle Besetzungswelle, die von Österreich ausgehend immer mehr deutsche Unis erreicht, ist genau die richtige Aktionsform gegen die Ignoranz und Arroganz der Landesund Bundesregierung! Wenn die Regierungen überhaupt nicht auf die Studierenden eingehen, müssen genau solche Aktionsformen gewählt werden, die zeigen, dass die Studierenden genug haben von dieser verfehlten Bildungspolitik!

Die Studierenden haben in Baden-Württemberg ja fast keine andere Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen als mit Protestaktionen: seit der Abschaffung der verfassten Studierendenschaften unter Ministerpräsident Hans Filbinger im Jahr 1977 haben die Studierenden an der Uni ja quasi nichts zu sagen!

Und auch in Tübingen ist es nicht besser: Uni-Rektor Bernd Engler zeigt mit seinem Vorgehen sein mangelndes Demokratie- und Dialogverständnis. Das Anfordern einer Hundertschaft Polizei und die Drohung mit Anzeigen wegen „Hausfriedensbruchs“, das ist kein „konstruktiver Dialog“ mit den Studierenden! Ich fordere Herrn Engler auf, endlich seinen destruktiven Kurs zu stoppen und in einen „konstruktiven Dialog“ mit den Studierenden zu treten.

Ich unterstütze eure Forderungen nach wirklicher Mitbestimmung für die Studierenden! Die Studiengebühren müssen wieder abgeschafft werden, sie haben die Lehre nicht verbessert und halten finanziell Schwächere vom Studium ab oder bürden Studierenden Schuldenberge auf – das ist unsozial! Die Umsetzung der Bachelor- und Masterstudiengänge hat zu einem heillosen Chaos geführt. Die Anwesenheitspflicht in allen Veranstaltungen und die Erhöhung der Semesterwochenstunden pressen die Studierenden in ein Korsett, in dem man so gut wie keine Freiräume mehr hat, das muss anders werden! Mehr als 5 Milliarden wurden für die Rettung der LBBW vom Land zur Verfügung gestellt, dazu nochmal Bürgschaften in Höhe von über 12 Milliarden Euro. Viel sinnvoller wäre es, nicht marode Banken zu retten, sondern endlich die Bildung!


Solidaritätserklärung zum Bildungsstreik 17.11.2009 - Karlsruhe

Herzlichen Glückwunsch zu eurer heutigen Aktion. Ich bin beeindruckt, wie viele Menschen ihr auf die Beine gebracht habt - nicht nur hier in Karlsruhe sondern auch landes- und bundesweit in den vergangenen Tagen. Am Thema Bildungspolitik mit all seinen Problemen kommt heute niemand mehr vorbei. Auch wenn sie es z.B. durch die Räumung der besetzten Hörsäle gerne unterbinden würden, können sie das Thema nicht mehr verdrängen. Ich bin froh, dass ihr euch dadurch nicht einschüchtern lasst.

Ihr habt eine Bewegung in Gang gesetzt, die auch im fernen Berlin oder den staubigen Amtsstuben in Stuttgart wahrgenommen wird. Ihr wisst am besten, was in unseren Schulen und Hochschulen nicht stimmt, deswegen ist es wichtig, dass Ihr euch Gehör verschafft. Laut und deutlich!
Lasst nicht zu, dass Bildung kaputt gespart und immer mehr „deformiert“ statt reformiert wird. Seit Jahren regieren Kürzungen, struktureller Stillstand und immer  mehr soziale Selektion.

"Beste Bildung für alle - und zwar umsonst" ist mehr als eine Protestbewegung und war dringend notwendig.

Während in der Wirtschaftskrise für bankrotte Banken Milliarden zur Verfügung gestellt werden, wird in allen Bereichen staatlicher Vorsorge und Fürsorge gespart, am Gesundheitssystem ebenso wie an der sozialen Sicherheit UND an der Bildung. Zu Gunsten der Wohlhabenden und zu Lasten der Mehrheit der Bevölkerung wird in diesen Bereichen gespart. Den schwarz-gelben Regierungen im Bund und im Land geht es nicht um Nachhaltigkeit, sondern um die Sicherung von Pfründen und Privilegien.

Deshalb gibt es für die Verbesserung unseres Bildungssystems höchstens Almosen.
Wird Geld zur Verfügung gestellt, dann fließt es in Prestige-Projekte wie das KIT - in „Leuchttürme der Wissenschaft“ - oder Hochbegabten-Stipendien. Das ist blanke Elitenförderung!

Mehr Geld für Bildung schreiben sie auf ihre Fahnen. Aber so sieht Schwarz-Gelbe Bildungspolitik dann aus: Sonderstipendien für die Besten der Besten, damit sie nicht nebenher arbeiten müssen und schneller zum Ziel kommen, und gleichzeitig weniger Bafög für alle anderen.
Bestmögliche Bildung für Alle und soziale Gerechtigkeit sehen anders aus!

Das zeigt uns, dass mehr Geld für Bildung zu fordern allein nicht reicht, die Frage ist, was damit passiert. Deshalb brauchen wir unbedingt mehr Mitbestimmung an unseren Unis und Schulen, wofür die Mittel eingesetzt werden. Es darf nicht sein, dass über die sogenannten Drittmittel die Wirtschaft und die Industrie entscheiden, was geforscht und was gelehrt wird. Die Freiheit von Lehre und Forschung wird sonst dem Wettbewerb, dem freien Markt und der Gewinnmaximierung geopfert. Deshalb brauchen wir mehr Demokratie in Lehre und Forschung - nicht weniger!

Ich bin froh zu wissen, dass ihr Euch heute und hoffentlich auch weiterhin einer solchen Politik entgegenstellt. Meine Unterstützung und die der LINKEN habt ihr! Viel Erfolg Eurer heutigen Veranstaltung und Eurem Bildungsstreik 2009!

Mit solidarischen Grüßen
Karin Binder, MdB
Fraktion DIE LINKE im Bundestag