Landesfrauenbeauftragte

Landesfrauenbeauftragte sind:

Anna Damoune

Isabell Fuhrmann

Kontaktadresse:

landesfrauenbeauftragte@die-linke-bw.de

Frauen* stärken! - Unsere Landesfrauenbeauftragten

Als Ansprechpartnerinnen für die Genoss*innen in den Kreis- und Ortsverbänden sowie als beratende Mitglieder im Landesvorstand und -ausschuss treten Anna Damoune und Isabell Fuhrmann für mehr Geschlechtergerechtigkeit innerhalb der LINKEN und ihren Strukturen ein und unterstützen Frauen*initiativen in der LINKEN.

Schutz vor häuslicher Gewalt ist jetzt besonders wichtig!

2. April 2020

Dieses Jahr am internationalen Frauentag haben wir gemeinsam mit lokalen Frauenstreikbündnissen zum Frauen*streik aufgerufen. In Stuttgart waren wir mit dem Aktionsbündnis 8. März auf der Straße. Der 8. März scheint lange her zu sein. Denn in den letzten drei Wochen hat sich unser Leben durch die Ausbreitung der Covid-19 Pandemie drastisch verändert. Die Frage, wie wir uns und andere vor dem Corona Virus schützen und so letztlich verhindern können, dass unser Gesundheitssystem an seine Kapazitätsgrenzen stößt, prägt die öffentliche Debatte ebenso wie Diskussionen über Ausgangssperren und das Kontaktverbot für mehr als zwei Personen.

Auch wenn der 8. März lange her zu sein scheint, die Themen, die wir dort verhandelt haben, sind heute aktueller denn je: Privatisierung und Unterbezahlung im Gesundheitswesen, unbezahlte Sorgearbeit, der Gender Pay Gap, Gewalt gegen Frauen und die Streichung der Abtreibungsparagraphen 218 und 219 StGB.

In der Corona Krise wird allen klar, dass die Berufe im Gesundheitswesen systemrelevant sind. Hier sind über 75% der Beschäftigten Frauen. Ähnlich sieht es in Lebensmittelmärkten aus. Es ist jetzt an der Zeit, Krankenpfleger*innen und Verkäufer*innen endlich gut zu entlohnen. Frauen halten die Gesellschaft am Laufen und sind dabei in besonderem Maße der Gefahr einer Infektion mit dem Corona Virus ausgesetzt.

Frauen sind aber auch in besonderem Maß von den sozialen Folgen der Corona Krise betroffen. Sie arbeiten häufiger in Minijobs, Teilzeit und befristet, im Erziehungs- und Sozialdienst, in der Gastronomie und im Einzelhandel. Seit die Schulen und KiTas geschlossen sind, müssen sie zudem unbezahlt zu Hause den zusätzlichen Betreuungsbedarf stemmen.

Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, ruft die Bundesregierung dazu auf, zu Hause zu bleiben. Dieses Zuhause ist aber nicht für jede ein sicherer Ort: Jede vierte Frau wird mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt durch ihren (Ex)Partner. Die Hälfte lebt mit dem Täter zusammen. Aus China und Italien wissen wir, dass häusliche Gewalt in der Zeit der Quarantäne um das Dreifache angestiegen ist. In den letzten zwei Wochen gibt es auch in Deutschland einen Anstieg der häuslichen Gewalt. Wer fordert zu Hause zu bleiben, um andere vor dem Corona Virus zu schützen, darf also nicht vergessen, dass dieses Zuhause für viele Frauen ebenfalls tödlich sein kann. Jeden dritten Tag wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Wenn es jetzt durch Home-Office und das Verbot vieler Angebote des öffentlichen Lebens kaum mehr Anlässe gibt, die Wohnung verlassen zu können, wird es immer schwieriger unbemerkt vom Täter Hilfsangebote aufzusuchen.

Die Frauenhäuser schlagen Alarm. Denn es fehlten in Deutschland schon vor Corona fast 15.000 Frauenhausplätze. Laut der Istanbul Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt müsste es in Deutschland 21.400 Frauenhausplätze geben, tatsächlich stehen aber nur 6.800 Plätze zur Verfügung. In Baden-Württemberg fehlen mindestens 633 Plätze. Die Bundesregierung handelt hier nur unzureichend. Zwar versprach das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend bereits letztes Jahr mehr Geld für Frauenhäuser. Diese Mittel dürfen allerdings nicht für Personalkosten ausgegeben werden. Die fehlenden Frauenhausplätze lassen sich ohne zusätzliches Personal aber gar nicht realisieren. Die Situation verschärft sich nicht nur dadurch, dass es mehr Fälle von häuslicher Gewalt gibt, es ist auch mit einem Aufnahmestopp in einzelnen Frauenhäusern zu rechnen. In Zürich ist das bereits eingetreten: Da sich hier eine Frau mit dem Corona Virus infizierte, kann das Frauenhaus zwei Wochen keine Frauen aufnehmen. Einen faktischen Aufnahmestopp in Frauenhäusern gab es aber in Baden-Württemberg auch schon vor der Corona Krise. Im letzten Sommer berichtete die Esslinger Zeitung darüber, dass zeitweise in ganz Baden-Württemberg kein einziger freier Frauenhausplatz zur Verfügung stand und alleine in Esslingen 131 Frauen und 155 Kinder im Jahr 2018 abgewiesen werden mussten.

Der Berliner Senat kündigte nun an, dass die Stadt während der Corona Pandemie Hotelzimmer zur Unterstützung der Frauenhäuser anmieten wird. Das ist das Mindeste was jetzt auch die Städte in Baden-Württemberg machen müssen! Die meisten Hotels stehen gerade leer. Zu Hause bleiben geht nur in einem sicheren Zuhause! Damit der Infektionsschutz nicht zu Lasten von Frauen in gewalttätigen Beziehungen geht, müssen jetzt schnelle Hilfen bereitgestellt werden. Aber es müssen auch darüber hinaus zusätzliche Frauenhausplätze geschaffen werden. Die Istanbul Konvention muss endlich eingehalten werden!

Die Corona Krise erschwert nicht nur den Zugang zu Frauenhäusern, sondern auch zu sicheren und legalen Schwangerschaftsabbrüchen. Die §§ 218 und 219 StGB regeln diese in Deutschland. Straffrei ist ein Abbruch nur in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft und nach einer Zwangsberatung. Zwischen Beratung und Schwangerschaftsabbruch müssen zwei Tage liegen. Diese Bedingungen werden in der Corona Krise, wo das Gesundheitssystem an seine Grenzen gerät, zu kaum bewältigbaren Hindernissen. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist damit de facto ausgesetzt. Schwangerschaftsabbrüche müssen endlich als normale medizinische Eingriffe behandelt werden.

Die Corona Krise stellt unseren Alltag auf den Kopf, aber wir dürfen jetzt nicht eine Rückkehr zur Normalität fordern. Denn die Normalität war bereits die Krise. Schon lange vor der Covid-19 Pandemie befanden wir uns in einer Sorgekrise, die vor allem auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird. Frauen arbeiten nicht nur überdurchschnittlich viel im Gesundheitswesen, sie übernehmen auch in der Familie und Ehrenamt unbezahlte Pflege- und Sorgearbeiten, auf die unsere Gesellschaft angewiesen ist, die sie aber nicht entlohnt. Für viele Frauen bedeutete das schon vor Corona, gebrochene Erwerbsbiographien und drohende Altersarmut.

Wir brauchen nicht nur jetzt mehr Frauenhausplätze, sondern auch darüber hinaus! Die Paragraphen 218 und 219 müssen ersatzlos gestrichen werden! Gesundheit, Bildung, Wohnen und Klima dürfen keiner Profitlogik unterworfen sein. Wir brauchen eine Politik für ein gutes Leben für Alle.

■ Kurzfristige Schaffung von Frauenhausplätzen durch die Anmietung von Hotelzimmern durch die Stadt!
■ Die Istanbul-Konvention muss endlich eingehalten werden: Es braucht mindestens weitere 633 Frauenhausplätze in Baden-Württemberg.
■ Schwangerschaftsabbrüche müssen auch in der Corona-Krise möglich sein: Die §§ 218 und 219 StGB gehören abgeschafft!
■ Sorgearbeit aufwerten: Mindestens 500 Euro mehr, auch nach Corona!

Lisa Neher ist Landesfrauenbeauftrage der Partei DIE LINKE. Baden-Württemberg