Landesmigrationsbeauftragte

Aynur Karlıklı

Kontakt: landesmigrationsbeauftragte@die-linke-bw.de

DIE LINKE. Baden-Württemberg möchte, dass mehr Menschen mit Migrations- und Rassismuserfahrung in die Partei kommen, dort aktiv werden und sich einmischen. Als ein Punkt dies zu fördern, haben wir eine Landesmigrationsbeauftragte gewählt. Sie ist Ansprechpartnerin für die Genoss*innen in den Kreis- und Ortsverbänden sowie beratendes Mitglied im Landesvorstand und -ausschuss.

Deutschland ist geprägt von Menschen mit Migrationsgeschichte. Sie haben es mit aufgebaut und gestalten es - teilweise seit Jahrzehnten- mit und machen es zu dem was es ist  - eine lebendige, vielfältige Einwanderungsgesellschaft. Dennoch werden Menschen mit Migrationsgeschichte und Rassismus Erfahrung beim Zugang zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt diskriminiert, haben schlechtere Bildungschancen und machen oft zu Niedriglöhnen die Arbeit, für die sich sonst niemand bereit erklären würde. Zu oft müssen sie ilegalisiert leben. Gerade während der Corona-Pandemie waren es viele von ihnen, die weiter außerhalb von Home-Office gearbeitet haben, sei es an der Kasse beim Supermarkt, als Pflegekraft, Reinigungspersonal oder in Ausbeutungsverhältnissen in der Fleischindustrie und der Spargelernte. Dieser strukturelle Rassismus muss auf allen Ebenen bekämpft werden – im Staat und in der Gesellschaft. Zugleich sind Migrant*innen und Menschen mit Rassismuserfahrung Teil von Gewerkschaftskämpfen, von sozialen Bewegungen, lokalen Initiativen und in Migranten*innenselbstorganisationen, in Black People und People of Colour (BPoC) Gruppen und vielem mehr organisiert.

Es ist unverzichtbar, dass wir öffentlich sichtbarer mit Themen werden, die uns alle, aber Menschen mit Migrationsgeschichte und mit Rassismuserfahrung besonders betreffen. Das gilt allgemein für künftige Kampagnen der Partei und vor allem für die kommende Bundestagswahlkampagne 2021, bei der mindestens eines der Fokusthemen migrantischer Art sein sollte. Hierzu sollten wir uns als Partei verstärkt den Arbeitsbedingungen von Menschen mit Migrationsgeschichte und BPoCs widmen. Vor allem ist während der Corona-Krise deutlich geworden, dass sie unter unmenschlichen Ausbeutungsverhältnissen arbeiten müssen. Der Anteil der migrantischen Beschäftigten ist im Niedriglohnsektor sowie in anderen unsicheren Arbeitsverhältnissen am höchsten. Das sind auch Bereiche wie die Spargelernte oder Fleischindustrie, bei denen der Arbeitsschutz oft am schwächsten ist. Aber auch viele kleine Läden werden von Menschen mit Migrationsgeschichte betrieben und kämpfen derzeit überall in Deutschland, aber gerade in den Ballungszentren ums Überleben und gegen Verdrängung. Das muss daher eines der zentralen Aktions- und Kampagnenfelder der LINKEN werden. Eine enge Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften sollte dabei angestrebt werden. Die Pflege- und Mietenkampagne der Partei bieten dafür sehr gute Anknüpfungspunkte. Darüber hinaus muss eine solidarische LINKE an der Seite derjenigen Menschen stehen, denen ihre Rechte verweigert werden und deren Situation sich während der Corona-Pandemie noch verschärft hat. Daher bedarf es einer Legalisierungskampagne für illegalisierte Menschen. Die Losung das kein Mensch illegal ist und die programmatische Forderung nach offenen Grenzen für alle Menschen sind für uns wesentlich. Aktuell muss DIE LINKE weiter für die Aufnahme von Geflüchteten aus den europäischen „Hotspots“ und gegen das menschenverachtende Grenzregime der EU, an dem sich Deutschland maßgeblich beteiligt, kämpfen und das Thema immer wieder in die öffentliche Debatte einbringen, beispielsweise auch durch Delegationsreisen, vor allem des Spitzenpersonals zu den Elendslagern. Viele Parteimitglieder engagieren sich in ihrem Landesverband und ihren Kiezen gemeinsam mit den Betroffenen für die Belange geflüchteter Menschen und eine bessere soziale und politische Teilhabe. Das verdient auch weiterhin die Unterstützung der Partei. Die Forderung nach mehr Teilhabe und Repräsentanz von Rassismus-Betroffenen in der gesamten Gesellschaft sollte auch durch konkrete Gesetzesvorschläge untermauert werden, wie beispielsweise durch ein Bundesteilhabegesetz. Kampagnen zum Wahlrecht für Alle sind durch die Bundespartei anzustreben, das bietet sich insbesondere für den Bundestagswahlkampf 2021 an.

Wir wollen die weitreichenden antirassistischen Forderungen durchzusetzen und die Vielfalt in der Gesellschaft noch stärker als Chance für die Parteiarbeit zu begreifen. Für eine Gesellschaft der Vielen!

Unser Ziel ist, in unserer Partei mindestens so viele Menschen mit Migrationsgeschichte und von Rassismus-Betroffene zu organisieren, wie ihr Anteil an der Bevölkerung in Deutschland ist, der derzeit ungefähr bei einem Viertel liegt. Für eine bessere migrantische Ansprache ist es wichtig mit Themen präsent zu sein, die sie alltäglich betreffen. Das sind neben gerechten Löhnen, bezahlbaren Mieten, ausreichend Kitaplätzen und Chancengleichheit an Schulen auch Fragen von politischer Teilhabe, wie beim Wahlrecht und auch am Arbeitsleben wie beispielsweise beim Zugang zur Beschäftigung im Öffentlichen Dienst. Neben dem in der Gesellschaft tief verankerten Antisemitismus sind auch der grassierende antimuslimische und antischwarze Rassismus und Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze sowie andere Rassismen, von dem sie betroffen sind, stärker zu thematisieren und zu bekämpfen. Diese sind in den Fokus der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zu stellen, in der eine erstarkende Rechte und ihre gewalttätigen Freunde immer mehr Raum für sich und ihre Hetze in Anspruch nehmen. Das haben nicht zuletzt die Anschläge von Halle und Hanau sowie beispielsweise die rechtsextreme Anschlagsserie im Berliner Stadtteil Neukölln oder auch die Drohschreiben des NSU 2.0 an Genoss*innen und an andere gegen rechts engagierte Menschen, schmerzhaft verdeutlicht.

DIE LINKE sollte von bestehenden progressiven gesellschaftlichen Positionen in diesen Themenfeld Vorreiterin sein.

Jetzt ist die Zeit gekommen weitreichende antirassistische Forderungen durchzusetzen und die Vielfalt in der Gesellschaft noch stärker als Chance für die Parteiarbeit zu begreifen. Für eine Gesellschaft der Vielen!

Daher sehen wir unsere Aufgaben darin,

  • eine Teilhabe in der Gesellschaft und in der Partei voranzubringen.
  • Anlaufstelle für alle Migranten und -Verbänden bzw. Migrantischen Anliegen zu sein.
  • konsequent und offensiv für weitreichende antirassistische Forderungen zu kämpfen und sie durchzusetzen.
  • Forderungen aus den Bewegungen aufnehmen und als Partei auch Impulsgeberin für gesellschaftlich fortschrittliche neue Perspektiven sein.
  • den strukturellen Rassismus in allen Bereichen stärker öffentlich zu thematisieren.
  • „racial profiling“ im Rahmen von anlasslosen polizeilichen Kontrollen sammeln und dokumentieren.
  • Landesantidiskriminierungsgesetze und Zentrale Landesantidiskriminierungsstellen einzusetzen.
  • Die koloniale Verantwortung Deutschlands immer wieder zu thematisieren und sich für eine postkoloniale Erinnerungskultur und die Rückgabe von geraubter Kunst einsetzen.
  • Menschen mit Migrationsgeschichte und von Rassismus Betroffene zu organisieren, und ihr Anteil in der Partei erhöhen.